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Der Verkehrsrechtsschutz als notwendige Versicherung

1. Allgemeines zu Versicherungen

Aus der Angst der Menschen und ihrem Sicherheitsbedürfnis lassen sich unzählige Geschäftsmodelle ableiten. Eines davon sind Versicherungen. Nun soll es in diesem Beitrag nicht darum gehen, dass insbesondere die Deutschen überversichert seien und ihnen mitunter gleichzeitig die existenziellen Absicherungen fehlen. Dieser Beitrag widmet sich dem Verkehrsrechtsschutz. Die Verkehrsrechtsschutzversicherung ist unter den Rechtsschutzversicherungen etwas Besonderes.

Das Versicherungsgeschäft ist für Versicherer u. a. deshalb lukrativ, weil die Prämieneinnahmen die Leistungen für die Schadensfälle übersteigen. Statistisch macht der Versicherungsnehmer Verluste. Bei der Überlegung, ob eine Versicherung für den Versicherungsnehmer sinnvoll ist oder nicht, helfen zwei ähnlich gelagerte Fragen:

Wird ein existenzielles Risiko abgesichert? Ist die potentielle Schadenshöhe im Falle eines Schadensereignisses absehbar?

Für existenzielle Risiken gibt es teilweise Pflichtversicherungen, die abgeschlossen werden müssen. Eine freiwillige Versicherung ist die private Haftpflichtversicherung – eine solche sollte man dringend abschließen.

In Fällen jedoch, wo ein möglicher Schaden begrenzt und kalkulierbar bleibt, ist eine Versicherung wirtschaftlich oft nicht sinnvoll. Das sind Reisegepäckversicherungen, Versicherungen für das Handy, die Sterbegeldversicherung für Bestattungskosten und sehr viele Versicherungen mehr. Häufig ist es hier wirtschaftlich sinnvoller, die ersparten Versicherungsbeiträge beiseitezulegen und in liquide Anlageinstrumente mit überschaubarer Volatilität zu investieren, um in einem Schadensfall auf diese zugreifen zu können. Allerdings gibt es Menschen, die für ihr subjektives Wohlbefinden mehr Versicherungen benötigen als andere. Auch dann können Versicherungen, die keine existenziellen Risiken, sondern lediglich vorhersehbare Schadensbeträge absichern, sinnvoll werden. Schließlich muss jeder potentielle Versicherungsnehmer auch auf seine eigene Risikofähigkeit achten, siehe Beitrag Risikobereitschaft und Risikofähigkeit.

2. Der Verkehrsrechtsschutz

Eine Verkehrsrechtsschutzversicherung kostet rund 100 EUR pro Jahr. Rechtsschutz besteht u. a. für die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen bei Unfällen, für die Verteidigungen in Bußgeld- und teilweise in Strafverfahren, für Rechtsstreitigkeiten im Rahmen von Kaufverträgen und Werkverträgen bezüglich des Kfz und im Falle behördlicher Maßnahmen bezüglich der Fahrerlaubnis. Die Versicherung übernimmt die Anwaltsgebühren, die Gerichtskosten und auch die Kosten der Sachverständigen. Das ist für nur 100 € pro Jahr ein sehr großes Leistungspaket. Bereits mit einer Verteidigung in einem Bußgeldverfahren amortisieren sich rund 5-7 Jahre Versicherungsbeiträge.

In einer Fortbildung für Fachanwälte für Verkehrsrecht erklärte ein Referent einmal, die Versicherer würden mit den Verkehrsrechtsschutzversicherungen Verluste machen. Allerdings dienten die Verkehrsrechtsschutzversicherungen zur Kundengewinnung. Oft sei es der Verkehrsrechtsschutz, den 18-Jährige mit einer frisch erworbenen Fahrerlaubnis als erstes abschließen: Sie möchten notfalls mit einem Rechtsanwalt die Nachschulung verhindern und um ihre Fahrerlaubnis auch gerichtlich kämpfen können. Wer bei einer Versicherungsgesellschaft seine erste Versicherung abgeschlossen hat, schließt dort auch den nächsten Versicherungsvertrag und die weiteren. Manchmal bleiben die Kunden ein Leben lang. Zwar konnte ich nicht überprüfen, ob die Versicherer mit dem Verkehrsrechtsschutz tatsächlich rote Zahlen schreiben – plausibel erscheint mir das durchaus.

Die erste Besonderheit der Verkehrsrechtsschutzversicherung besteht also darin, dass sie für den Versicherungsnehmer auch statistisch betrachtet wirtschaftlich sinnvoll sein kann.

Die zweite Besonderheit ergibt sich aus der Gefährdungshaftung für Kfz-Halter. In bestimmten Fällen versichert die Verkehrsrechtsschutzversicherung existenzielle Risiken und wird bei einem Verkehrsunfall häufig zum Gamechanger.

Oft wird angenommen, dass derjenige, der den Unfall schuldhaft verursacht, den gesamten Schaden ersetzen muss, beziehungsweise dass dessen Haftpflichtversicherung die Regulierung vollständig übernimmt. Das ist nicht der Fall, jedenfalls nicht immer. Gesetzlich geregelt ist eine sog. Gefährdungshaftung: Der Kfz-Halter haftet verschuldensunabhängig, § 7 I StVG. Er haftet also dem Grundsatz nach immer dann, wenn mit seinem Kfz ein Schaden verursacht wird, unabhängig davon, ob der Fahrer den Schaden verschuldet hat oder nicht. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn der Unfall ein unabwendbares Ereignis war. Bei Unfällen mit der Beteiligung mehrerer Fahrzeuge führt das oft dazu, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung dem Anspruchsteller, der keinen Fahrfehler begangen hat, eine sog. Betriebsgefahr anrechnet oder bei einem noch so kleinen eigenen Fehler eine erhebliche Mithaftung unterstellt, § 17 III StVG. Gelingt keine vernünftige Einigung, muss ein Gericht entscheiden.

Das Gleiche gilt für die Höhe der Schadensersatzansprüche:

Bei der fiktiven Abrechnung des Kfz-Schadens werden nicht selten Abzüge von der Schadenssumme des Sachverständigengutachtens vorgenommen, die nicht nachvollziehbar sind.

Besonders fragwürdig sind immer wieder die angebotenen Schmerzensgelder: Hier gibt es keine allgemeingültigen Tabellen, sondern lediglich Einzelfallentscheidungen, bei denen Versicherer gerne den Rahmen zu ihren Gunsten ausschöpfen und ein zu geringes Schmerzensgeld zahlen. Auch das kann oft nur durch ein Gericht befriedet werden.

Nun muss man sich nur einen schweren Unfall mit einem Schaden im sechsstelligen Bereich vorstellen, einschließlich hoher Schmerzensgelder, mit Einkommensverlusten und Haushaltsführungsschaden. Die oben genannten Stellschrauben der Versicherer reduzieren die Schadensersatzzahlungen schnell in existenzbedrohendem Umfang. Das Prozessrisiko ist allerdings hoch: Wird der Prozess nicht vollständig gewonnen, müssen anteilig sämtliche Kosten getragen werden: Gerichtskosten, einschließlich der Kosten des Sachverständigen, die Auslagen für die Zeugen, die Gebühren für den eigenen und den gegnerischen Anwalt. Ein kaum kalkulierbares Kostenrisiko. Mit einer Verkehrsrechtsschutzversicherung ist das kein Problem.

Hinzu kommt, dass die Haftpflichtversicherer, die das Vorhandensein einer Rechtsschutzversicherung gleich zu Beginn im Fragebogen für Anspruchsteller abfragen, beim Vorliegen einer Rechtsschutzversicherung zumindest scheinbar regulierungsfreudiger werden. Der Vorteil im Falle eines Unfalls entsteht also bereits dadurch, dass eine Rechtsschutzversicherung überhaupt vorhanden ist.

3. Fazit

Viele Versicherungen sind verzichtbar. Der Verkehrsrechtsschutz kann im Falle eines Unfalls im wahrsten Sinne des Wortes notwendig sein und ist darüber hinaus preiswert ausgestaltet.