Während der vergangenen Handelswoche erhöhten die Fed und die EZB wie erwartet die Zinsen. In den USA beträgt der Zinssatz nun 5,5 Prozent und liegt wieder oberhalb der Inflationsrate. Im Euroraum hat der Leitzins 4,25 Prozent erreicht und tendiert noch immer niedriger als die Inflation. Auch die Kapitalmarktzinsen der 10-jährigen Staatsanleihen steigen tendenziell erneut an. Sie liegen wieder bei rund 4 Prozent. Eigentlich ist das Gift für die Aktienkurse – diese zeigen sich jedoch unbeeindruckt und steigen munter weiter. Selbst der charttechnische Evening Star eine Woche zuvor läutete keine Korrektur ein.
Für den größeren Überblick verwende ich heute einmal einen längerfristigen Chart des S&P 500, einen Drei-Jahres-Chart. Er besteht diesmal nicht aus den üblichen Tageskerzen, sondern aus Wochenkerzen. Jede Kerze steht für eine Handelswoche.
Zu sehen ist der Aufwärtstrend seit August 2020, die Baisse von Anfang Januar 2022 bis Oktober 2022 und der Aufwärtstrend seitdem bis heute.
An diesem etwas längeren Chart lässt sich gut erkennen, dass die Kurse im Verlauf oft den gleitenden Durchschnitt der letzten 50 Handelstage (SMA 50) und ab und zu den der letzten 200 Handelstage (SMA 200) testen. Gerade der SMA 50 wird im Handelsverlauf immer wieder durchkreuzt. Das letzte Mal geschah das Ende März, als die grüne Kerze mit ihrem Körper den SMA 50 überwand. Ende Mai kam es zu einer kurzen Berührung des SMA 50 durch den langen Schatten der grünen Kerze mit dem kleinen Körper. Seitdem haben sich die Kurse immer weiter vom SMA 50 entfernt. Sie bewegen sich jetzt rund 250 Punkte oberhalb des SMA 50.
Das zeigt eine außergewöhnlich starke Aufwärtsdynamik. Aber irgendwann wird sich der Kurs wieder dem SMA 50 annähern – meistens durch eine Korrektur nach unten oder manchmal auch durch eine Seitwärtsbewegung, während der sich der SMA 50 nach oben bewegt und zum Kurs aufholt. Gleichzeitig tendieren die Zinsen leicht aufwärts und mit den Monaten August und September stehen, statistisch betrachtet, schwache Börsenmonate bevor. Nichts läge da näher als eine Korrektur in Richtung der eingezeichneten Unterstützung. Wann sie kommt, ob kurzfristig oder nachdem die Kurse noch ein paar hundert Punkte weiter gestiegen sind, ist offen.
Für Aktieninvestoren ist diese Phase wenig relevant. Wie man am Chart erkennen kann, läuft der S&P 500 kraftvoll in Richtung seines historischen Hochs. Auf einen möglichen Rücksetzer kommt es dabei nicht an. Für kurz- bis mittelfristig orientierte Positionstrader hingegen ist diese Situation eine Herausforderung, erst recht für Stillhalter. So manche Handelssysteme stoßen an ihre Grenzen. Es gilt, einzelne Chancen herauszufiltern und umzusetzen. Oder abzuwarten, bis sich das erhöhte Korrekturrisiko aufgelöst hat.