Im ersten Teil dieser Beitragsreihe habe ich den Aufbau der Candlestick Charts vorgestellt und deren Überlegenheit zum Linienchart besprochen. Im zweiten Teil beschreibe ich die Eigenschaften von Trends, wie man sie erkennt und welche Umkehrsignale auf eine anstehende Korrektur oder einen Trendbruch hindeuten.
In diesem dritten Teil schauen wir uns maßgebliche Warnsignale im Aufbau der Kerzencharts an, nach denen ein Umkehrsignal auftreten kann sowie ein starkes Fortsetzungsmuster, das eine Fortsetzung des Trends ankündigt.
Warnsignale
Warnsignale deuten darauf hin, dass sich ein Trend abschwächen und korrigieren bzw. umkehren könnte. In der Systematik könnte man Warnsignale auch als Umkehrsignale bezeichnen, weil sie eine Abschwächung des Trends signalisieren, in deren Folge der Trend zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit kippt. Erfahrungsgemäß lohnt es sich jedoch, auf eine Bestätigung solcher Warnsignale zu warten, also auf die tatsächliche Gegenbewegung einer folgenden Kerze oder auf ein stärkeres Umkehrsignal.
Zunächst liste ich die Warnsignale auf. Danach zeige ich deren Erscheinungsbild wieder in einem Chart.
- Stars: Ein Star ist eine Kerze mit kleinem Körper, der durch eine Kurslücke von dem vorhergehenden größeren Körper getrennt ist.
- Doji: Das ist eine Kerze mit (nahezu) identischem Eröffnungs- und Schlusskurs, sie hat also keinen (oder einen sehr kleinen) Körper.
- Kleiner werdende Körper: Bei einem sich abschwächenden Trend werden die Spannen zwischen Eröffnungs- und Schlusskursen und damit die Körper der Kerzen kleiner.
- Lange Schatten: Bei aufsteigender Unsicherheit werden während des Handelsverlaufs (bzw. während des Handelszeitraums einer Kerze) die Ausschläge nach unten und (oder) nach oben größer.
Auf der Basis von Tageskerzen bildet der Chart den Stoxx Europe 600 ab. Dieser Index umfasst die 600 größten Aktiengesellschaften Europas.
Im September 2022 geht es tendenziell abwärts. Ende September kündigt ein Star an, dass diese Abwärtsbewegung ein Ende finden könnte. Es folgen Kerzen mit kleinen Körpern, die den Rückgang der Dynamik bestätigen. Kerzen mit längerem Schatten zeigen, dass neue Tiefstkurse bis zum Handelsschluss wieder wettgemacht werden. Mitte Oktober entsteht eine grüne Kerze mit langem Schatten, die mit der vorherigen Kerze ein Engulfing Pattern bildet – der Beginn einer Aufwärtsbewegung.
Als Nächstes habe ich eine Kerze mit kleinem Körper markiert, um zweierlei zu veranschaulichen: Es handelt sich hier nicht um einen Star – weil zum Körper der vorherigen Kerze keine Kurslücke besteht. Im Gegenteil, der Körper befindet sich vollständig im Bereich des Körpers der vorherigen Kerze. Zudem ist diese Kerze ein Beispiel dafür, dass ein kleiner Körper alleine nur ein Warnsignal darstellt, der durch die Folgekerze oder die Folgekerzen noch bestätigt werden muss. Die Bestätigung bleibt hier aus. Es folgt eine Kerze mit großem Körper, die den Aufwärtstrend fortsetzt.
Diese Aufwärtsbewegung hält jedoch nicht mehr lange an und korrigiert schließlich. Am 20. Dezember läutet ein Star das Ende dieser Korrektur ein. Es handelt sich um einen Doji-Star, weil Eröffungs- und Schlusskurs nahezu identisch sind.
Für Doji (der Plural wird ohne „s“ geschrieben) gilt verstärkt das, was für Kerzen mit kleinen Körpern gilt: Sie sind Warnsignale, insbesondere wenn sie in einer Rally auftreten.
Es geht weiter aufwärts, bis diese Aufwärtsbewegung im Februar 2023 an Dynamik verliert, zu sehen an kleinen Körpern und verhältnismäßig langen Schatten. Höhepunkt dieser Warnungen ist wiederum ein Star.
Tatsächlich folgt dann eine Korrektur, die mit einer dynamischen Kerze mit langem Schatten endet. Mitte April verliert die Aufwärtsbewegung an Dynamik und scheint mit der letzten Kerze zu kippen. Die Abbildung endet hier – die Kurse verliefen seitdem seitwärts, mit leicht fallender Tendenz.
Fortsetzungsmuster
Es gibt einige sog. Fortsetzungsmuster, die aktuelle Kursrichtungen bestätigen. Das wichtigste und am leichtesten zu erkennende Muster ist das „Gap“ oder auch „Window“ genannt. Die Bezeichnung „Window“ finde ich deshalb so treffend, weil sie veranschaulicht, wie sich ein Fenster öffnet, dieses sich aber auch wieder schließen kann. Dennoch verwende ich den bekannteren Begriff „Gap“.
Gap: Ein Gap ist eine Kurslücke zwischen zwei aufeinanderfolgenden Kerzen. Entscheiden sind das jeweilige Hoch und das jeweilige Tief (also die Schatten), die eine Lücke bilden müssen.
Der Chart von Tesla enthält mehrere Gaps. Exemplarisch habe ich drei markiert. Ein Gap bestätigt die Richtung der Kursbewegung. Nach dem ersten Gap ging es weiter abwärts. Nach dem zweiten Gap setzte sich die Aufwärtsbewegung fort. Das Gleiche geschah auch nach dem dritten Gap.
Am dritten Gap ist lehrreich, dass sich Gaps häufig zu Unterstützungsbereichen ausbauen (in Aufwärtsbewegungen) oder zu Widerstandsbereichen (in Abwärtsbewegungen): Die Kurse sind noch einmal in Richtung des Gaps gefallen – konnten die Lücke jedoch nicht schließen. Ein Gap wird wieder neutralisiert, sobald irgendein nachfolgender Schlusskurs die Lücke vollständig schließt.
Nach dem dritten markierten Gap in der Abbildung folgt ein weiteres Gap – das bis zur letzten Kerze in der Abbildung (12.07.23) auf Basis der Schlusskurse noch nicht geschlossen wurde und bis dahin als Unterstützungsbereich wirkt.
Ausblick
Im vierten und letzten Teil dieser Beitragsreihe zeige ich, wie sich die japanische Candlestick-Chartanalyse mit der westlichen Chartanalyse kombinieren lässt. Durch die Vereinigung der besten Ansätze dieser beiden Welten entsteht ein hervorragendes Werkzeug für die technische Analyse, das Ihnen nach der Lektüre des vierten Teils zur Verfügung stehen wird.