In der letzten Handelswoche lösten Trumps Zollankündigungen ein Börsenbeben aus. Der Leitindex S&P 500 verlor in einer Woche 9 Prozent an Wert, nachdem er die Wochen zuvor auch schon 9 Prozent eingebüßt hatte. Politische Börsen haben kurze Beine, heißt es – gilt das auch diesmal?

In solchen Börsenphasen zeigt sich, wer Aktien als Investition sieht und wer als Glücksspiel, wer die Nerven behält und wer in Panik gerät.
Abwärtstrends gehören zur Börse genauso wie Aufwärtstrends. Das Spannende ist, dass der durchschnittliche Privatanleger an der Börse deutlich weniger Rendite erzielt als der Markt. Dabei wäre es so einfach, mit einer simplen „Buy and Hold“-Strategie mit ETFs zumindest die Marktrendite einzufahren. Allerdings versuchen viele Privatanleger, die Märkte zu timen und liegen damit überwiegend falsch. Auch jetzt ist die Gefahr groß, mit aktivem Handel die eigene Performance zu verschlechtern, anstatt sie zu verbessern.
Ich bin seit 1997 an der Börse aktiv und habe seitdem so viele Crashs und Baissen erlebt, dass ich mir Zeit nehmen müsste, sie zu zählen. Wie kann man nun diese Baisse nennen? Vielleicht den „Zölle-Crash“? Wer weiß, unter welchem Namen er in die Börsengeschichte eingehen wird. Nun gelten aber zwei wesentliche Erkenntnisse:
Politische Börsen haben kurze Beine und Börsenphasen haben sich in den letzten Jahrzehnten beschleunigt.
Unternehmen und Aktienmärkte können mit sehr vielen politischen Veränderungen hervorragend umgehen – nur nicht mit politischer Unsicherheit. Wären die künftigen Entwicklungen berechenbarer, würden sich Meldungen weniger gravierend auswirken. In der Börsengeschichte ist es relativ neu, dass auf jede politische Meldung gravierende Kursbewegungen folgen. Dafür halten diese Bewegungen selten lange an: „Politische Börsen haben kurze Beine“ lautet ein bewährter und sinnvoller Börsenspruch. Generell gilt, dass Börsenphasen, insbesondere Baissen, zwar nach wie vor heftig ausfallen, aber nicht mehr so lange anhalten wie in früheren Zeiten.
Das Platzen der Dotcom Blase führte zu einer Abwärtsbewegung von drei Jahren Dauer, die Finanzkrise war an den Börsen nach anderthalb Jahren ausgestanden und der Corona Crash ließ die Kurse nur etwa einen Monat lang purzeln. Sämtlich Informationen stehen heutzutage allen Marktteilnehmern praktisch in Echtzeit zur Verfügung und werden viel schneller verarbeitet und umgesetzt als früher.
Was heißt das nun für den „Zölle-Crash“? Selbst wenn die Globalisierung rückabgewickelt werden würde, kämen starke Unternehme und mit ihnen die Aktienindizes damit durchaus klar – soweit die politische Situation stabil wäre. Allerdings ist unklar, wie es in dem „Handelskrieg“ nun weitergeht. Es ist die Unsicherheit, die den Marktteilnehmern zu schaffen macht. Jeden Tag könnten Handelsvereinbarungen öffentlich werden, die die Kurse nach oben schnellen lassen – oder Meldungen, die zu weiteren Einbrüchen führen.
Wie ist nun die aktuelle Marktlage? Wie immer geht es an den Börsen auch diesmal um Wahrscheinlichkeiten. Die Abwärtsbewegung ist so dynamisch, dass es unwahrscheinlich ist, dass sie sich innerhalb weniger Tage umkehrt. Eine Gegenbewegung hingegen kann sich täglich entwickeln. Der Markt ist schon stark verkauft. Entscheidend sind diese kurzfristigen Einschätzungen, die jeder für sich selbst treffen muss, allerdings nur für das persönliche Trading. Die Kunst besteht darin, nicht an den eigenen Prognosen festzuhalten und bereit zu sein, sie jederzeit zu ändern. Denn der Aktienmarkt ist genauso wenig berechenbar wie das Wetter. Es geht immer nur um die Frage, wie wahrscheinlich herrscht in nächster Zeit Sonnenschein oder gibt es Regenwetter.
Außerhalb des Tradings, also auf lange Sicht, steigen Aktienkurse. Politische Börsen haben dabei mittel- und langfristig praktisch keinen messbaren Einfluss. Kurzfristig hingegen geschehen Dramen. An kurzfristigen Entwicklungen Geld zu verdienen, ist nur etwas für Profis. Alle anderen haben jetzt und in den kommenden Tagen sowie Wochen die Chance, durch weitsichtiges Investieren ihren künftigen Wohlstand zu mehren.